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12.09.23 BAD REICHENHALL/SCHÖNAU AM KÖNIGSSEE (ml) – Ministerialdirektor Prof. Dr. Frank Arloth, Amtschef des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz, hat sich auf Einladung des ehemaligen Direktors des Amtsgerichts Laufen Dr. Klaus Burger, im Ehrenamt aktiver Berg- und Luftretter sowie Leiter der Bergwacht-Region Chiemgau, in Bad Reichenhall über die Ausbildung, Ausrüstung und Fähigkeiten der Bergwacht informiert. Im Anschluss besichtigte Prof. Dr. Arloth das Trainingszentrum der Bundespolizei auf Kühroint und erhielt vom dortigem Leiter Thomas Lobensteiner zahlreiche aktuelle Information über die Aufgaben, Einsatzperspektiven und Ausbildungen.
Prof. Dr. Arloth: „Die Bergretter erfüllen eine äußerst wichtige Aufgabe zum Schutz der Menschen und stellen dabei sehr häufig ihre eigene Sicherheit hintan. Ihnen gilt mein großer Respekt. Als Jurist sehe ich vor allem auch, dass die Bergrettung immer wieder schwierige rechtliche Fragen aufwirft, die mitunter in absoluten Extremsituationen und unter großem zeitlichem Druck zu entscheiden sind.“ Schwierige rechtliche Fragen treten insbesondere dann auf, wenn Gerettete die objektive Gefahrenlage im Einsatz subjektiv dramatischer oder auch harmloser bewerten als die Retter. Der Einsatzleiter muss dann oft unter hohem Zeitdruck Überzeugungsarbeit leisten oder Entscheidungen treffen, mit denen der Patient nicht sofort einverstanden ist. „Uns ist es deshalb wichtig, dass sich der Amtschef vor Ort ein authentisches Bild davon machen kann, wie wir arbeiten, wie wir denken und was wir leisten müssen“, erklärt Burger.
Mehr zum diesem Thema im Artikel des Berchtesgadener Anzeigers. »Im Extremfall müssen deutliche Worte fallen«
Der Reichenhaller Bereitschaftsleiter Stefan Strecker, Regionalgeschäftsführer David Pichler und Bergretter und IT-Spezialist Marcel Häusler demonstrierten dem Amtschef des Justizministeriums, wie Rettungsabläufe bodengebunden und auch flugtechnisch ablaufen. Sie stellten die notfallmedizinischen Fähigkeiten vor und erläuterten die digitalen Errungenschaften im Einsatzgeschehen. Dazu gehört das neue Einsatzleitsystem ELA, das den Einsatzkräften stets den aktuellen Standort aller eingesetzten Kräfte im Gelände anzeigt und somit neben der Einsatzsicherheit die Einsatzführung wesentlich erleichtern kann. Auch von dem radargestützten Vermissten-Suchsystem „Recco“ konnte sich Arloth ein anschauliches Bild verschaffen. Die Bergrettungswache Bad Reichenhall ist einer von zwei Standorten in ganz Deutschland, von denen aus das System bundesweit zum Einsatz kommt.
Prof. Dr. Arloth, früher selbst begeisterter Bergwanderer, zeigte sich sehr beeindruckt, wie versiert und mit welcher Leidenschaft die Retter arbeiten. Er wisse, dass die Staatsregierung den Einsatz der Ehrenamtlichen sehr schätzt, und auch ein Zentrum für Alpine Sicherheit in Bad Tölz geplant sei. Burger unterstrich die Bedeutung dieses Vorhabens als wichtigen und unverzichtbaren Schritt in die Zukunft der alpinen Rettungssicherheit, auch was die notwendige Weiterentwicklung der Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz anbelangt; denn Naturkatastrophen werden immer häufiger und wahrscheinlicher.
„Eine Alarmierung ist rechtlich ein Notruf und keine Verhandlung über Kosten“
Zu den aktuellen Einsatzzahlen lägen noch keine Statistiken vor, aber es sei „aktuell viel los“, berichtete Burger. „Es gibt viele erfolgreiche Rettungen, die gut ausgehen, schöne Geschichten, aber auch Trauriges, Dramatisches, Tragisches, und auch immer wieder Skurriles. Der Notruf wird manchmal leider als alpine Auskunft nach Weg und Wetter falsch verstanden, und es wird auch immer öfters gefragt, was denn eine Rettung kosten würde.“ So einfach sei es aber auch juristisch nicht, betont Burger, man könne uns nicht einfach abbestellen oder Kosten verhandeln, wenn man den Notruf 112 wähle. Auch der Gebrauch von Handy-Apps für Wetter und Gelände beschäftigt die Bergwacht, der dadurch einerseits bei reflektiertem Einsatz viele Einsätze erspart bleiben, wenn sich Betroffene mit der App selbst helfen können, auf den Weg zurückfinden oder das Wetter besser einschätzen können. Andererseits müssen aber auch Leute gerettet werden, die sich von den Informationen in den Apps in die Irre führen lassen. Burger empfiehlt aus reichhaltiger Einsatzerfahrung daher dringend, sich nicht nur auf das Handy zu verlassen, sondern die Infos auch immer wieder mit einem kritischen Blick ins Gelände und zum Himmel gegen zu prüfen, mit erfahrenen Bergsteigern und Hüttenwirten zu sprechen und sich selbst realistisch einzuschätzen. Auch wenn es schwerfalle, den Mut zu haben, dass man rechtzeitig umkehrt, bevor es zu riskant wird: „Man muss nicht jeden Traum bis zum bitteren Limit realisieren, da der Preis zu hoch ist, wenn dann etwas passiert!“
Besuch auf Kühroint
Nach den zahlreichen Informationen über das Rettungsgeschehen im Gebirge wechselte Prof. Dr. Arloth auf Einladung von Thomas Lobensteiner zum in 1.420 Metern Höhe gelegenen Trainingszentrum der Bundespolizei auf Kühroint am Fuß der gewaltigen Felsanstürze des Watzmanns. Lobensteiner ist Leiter der Dienststelle, zugleich auch Bergretter und Landesvorsitzender der Bergwacht Bayern. Er stellte dort vor mächtiger Kulisse anschaulich die Aufgaben und aktuellen Vorhaben des Bundespolizei-Ausbildungszentrums vor. Er erläuterte dabei das aktuelle Lehrgangsportfolio der Fortbildungseinrichtung, wobei neben alpiner Ausbildung die zunehmende Ausrichtung auf die Wiederherstellung der psychischen und physischen Leistungsfähigkeit von Polizeibeamten nach schwierigen Einsätzen einen Schwerpunkt bildet.
Text/Bilder. M. Leitner
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